Trackspatz auf Weltreise

Reisebericht Nord-Norwegen

Reisebericht Nord-Norwegen

Gerade haben wir Hammerfest verlassen und wollen nun langsam die vielen Fjorde abklappern – also der Küste Nord-Norwegens entlang in Richtung Westen. Unser letzten Berichte beschrieben ja die Fahrten aus dem >Baltikum< und >Finnland< kommend zum >Nordkap und Hammerfest<.

Wir haben ja schon erwähnt, dass wir diese Reise in dieser Form gar nicht vorhatten. Doch aufgrund Corona verschlug es uns in den Norden. Mitten im Sommer fahren wir in winterliche Gegenden. Unfassbar, da wir eigentlich doch Wüsten-Nomaden sind. Na schön, fahren wir eben auf der ganzen Länge die norwegische Küste entlang. 3000 Kilometer, mit ein paar Abstechern werden 4000 Kilometer zusammen kommen. Norwegen ist also ein ausgedehntes Land… sehr ausgedehnt!

  1. Alta, Oksfjord und Kagen
  2. Tromsø
  3. Senja - Narvik - Lodingen
  4. Andøya
  5. Lofoten
  6. Bodø - Heimfahrt
  7. Corona
  8. Daten und Fakten


Seit unserem Betreten von Norwegen ist es feucht. Windig, nieselig, und immer in Sichtweite von schneebedeckten Bergen. Im Norden von Norwegen gibt es kaum Straßen oder Tracks. Bis Alta können wir praktisch keine Alternativroute ausmachen.

Was macht man denn im Regen? Die wenigen kulturellen Sehenswürdigkeiten sind nicht nur aufgrund von Corona geschlossen... die Saison ist vorbei. Ab Mitte August ist die Show gelaufen. Nun, man bleibt im Auto und schaut sich die Landschaft durch die Autofenster an. Also fahren wir, und fahren…

Nachts fällt die Temperatur auf 8°C. Wir packen unsere dicken Winterklamotten aus. Ironischerweise bekommen wir einen Anruf aus Afrika. Aus Marokko. Ein junger Mann namens >Osama<, dessen Familie wir vor ein paar Jahren in der Nähe von Marrakesch kennenlernten, hat uns ausfindig gemacht. Wir bekommen Bilder aus der Hitze, er von uns Bilder aus der Kälte.

Gletscher, schneebedeckte Berge und Nebel wie im Winter Gletscher, schneebedeckte Berge und Nebel wie im Winter

 

Alta, Oksfjord und Kagen

Wir erreichen Alta. Was gibt es da? Nix. Wir gehen einkaufen. Unsere Finnische SIM-Karte funktioniert immer noch. Hier in der Nähe soll es ein Eishotel geben, sagt das Internet. Naja, im Sommer steht es sicher leer. Wir fahren trotzdem hin. Wir wollen sehen, wie das ohne Eis aussieht. An einem Fluss mit dem lustigen Namen Gammelbollo steht so etwas. Es besteht nur aus einem Eisengestell auf einer Betonplatte. Im Winter wird es solange mit Wasser besprenkelt, bis alles vereist ist. Und dann stellt man eben Betten rein…

Doch nun wird es malerisch. Das Wetter klart auf und wir erkennen endlich, wo wir sind: in den Fjorden von Nord-Norwegen… welch Überraschung. Drei Stunden Fahrt nach Oksfjord. Eine wunderschöne Tour. Immer an der Wasserkante lang, inklusive etlicher Tunnels. Bei Oksfjord finden wir ein hübsches Plätzchen für die Nacht. Die Zufahrt ist haarsträubend. Eigentlich noch nicht einmal einem Fußgänger zumutbar. Oksen haben wir keine gesehen…

Fischereihafen Oksfjord. Gibt es hier nun eigentlich Fische oder Oksen?Fischereihafen Oksfjord. Gibt es hier nun eigentlich Fische oder Oksen?

In den nächsten Tagen regnet es wieder. In Storslett wärmen wir uns in einem einfachen Café für 25 Euro mit einer heißen Schokolade und einem Stück Kuchen auf. Ja, Norwegen ist teuer!
Was uns trotz schlechten Wetters, trotz Nachsaison und trotz Corona auffällt: es gibt unglaublich viele Wohnmobile. Ist halb Europa auf der Flucht vor Corona? Was wird wohl in besseren Zeiten hier los sein?
Wir machen einen Abstecher zur Insel Kagen. Auch diese Insel erreichen wir durch einen Tunnel unter dem Meer hindurch. Ein großer geteerter Parkplatz kommt in Sicht… Wohnmobile. Alles Deutsche. Alles. Eigentlich ist hier das Übernachten verboten, so steht es auch auf Deutsch auf einem Schild.

Wir übernachten hier. Wir werden nichts besseres hier finden, sagt uns ein Rentner-Ehepaar aus Dresden, die schon seit Jahren immer wieder auf diesem Platz verweilen. Ein Schweizer Eidgenosse mit einem Kastenwagen stößt dazu. Er ernährt sich aus Tonnen von Tabletten, das Ergebnis eines Schlaganfalls. Kommt uns irgendwie bekannt vor. Zausel?

So manche Deutsche fühlen sich im Schmuddelwetter auf Kagen wohler als im Deutschen Sommer...So manche Deutsche fühlen sich im Schmuddelwetter auf Kagen wohler als im Deutschen Sommer...

Es ist kalt und nass. Ein grausiges Wetter. Tiere bekommen wir keine zu Gesicht. Wahrscheinlich ist das hier sogar für die Rentiere zu schmuddelig. So richtig viel gibt es nicht zu erzählen. Wir genießen eben die Fahrt entlang der schönen Küste.
Auf einem anderen Parkplatz stellen wir uns zwecks Übernachtung neben ein Häuschen. Es ist ein Klo. Eine >Kreditkarten-Toilette<. Kein Witz. Um diese Toilette zu benutzen, wird eine Kreditkarte benötigt. Unfassbar. Es wird zwar keine Gebühr erhoben, die Tür öffnet sich eben nur mit einer gültigen Kreditkarte. Ist man nicht im Besitz einer solchen, hat man eben verschissen…

Die Temperatur sinkt inzwischen auf 5°C. Nachts. Die Feuchtigkeit des Dauerregens zieht in unser Zelt ein. Alles ist klamm und muffelt. Wir essen fertigen Kartoffelsalat in schmieriger Mayonnaise. Die Norweger lieben Kartoffelsalat in schmieriger Mayonnaise.
Die Finnische SIM-Karte verweigert nun ihren Dienst. Wir waren bei der Einreise aus Finnland ja überrascht, dass unsere Finnische SIM-Karte mit unlimited Kontingent auch in Norwegen funktioniert. Und das, obwohl mobiles Internet in Norwegen sehr teuer ist. Nun, war wohl nix mit unlimited. Zumindest nicht in Norwegen. Wir schalten auf unsere Deutschen SIM-Karten um. Immerhin beteiligt sich auch Norwegen am EU-Roaming Verfahren, obwohl Norwegen gar kein EU-Mitgliedsstaat ist.

 

Tromsø

Die Strecke von Kagen nach Tromsø soll eines der schönsten Strecken Nord-Norwegens sein. Fahren wir also eines der schönsten Strecken Nord-Norwegens. Leider sehen wir nicht viel, es regnet. Alles ist klamm. Wir würden uns gerne mal wieder duschen. Aber so? Wir duschen nicht.

In Tromsø ist es dunkel. Nein... äh, ja, halb Tromsø ist unterirdisch. Ampeln, Kreuzungen, Kreisverkehre. Nie haben wir eine solch unterbaute Stadt gesehen. Tromsø ist eine kleine Insel. Da wird‘s halt irgendwann mal eng. Wir bemerken das an den vielen Staus. Und da in Tromsø die Sonne jedes Jahr sowieso für einigen Monate hinterm Horizont verschwindet, hat man wohl gedacht, bauen wir halt gleich nach unten… der Wintersonne entgegen...

Wir besorgen uns eine Norwegische SIM-Karte. Diese gibt’s überall in der Kiosk-Ladenkette namens Narvesen zu kaufen. Welch ein Unterschied zu Finnland: für 5 Gigabyte bezahlen wir 25 Euro. Vor lauter Schreck gehen wir nebenan in einem total verrauchten und überfüllten Studentencafé einen Kaffee trinken. Kostet gerade nochmal so viel. Inklusive Corona… denn eine Abstandsregel gilt hier nicht. Weitere 100 Euro hinterlassen wir in einem Rema-XXL Supermarkt für ein paar Kleinigkeiten, die unsere Kühlbox befriedigen sollen. Von einem älteren Herrn bekommen wir eine kostenlose Brotberatung. Er zeigt uns Brotsorten, die einen Menschen über Wasser halten können, ohne zu verarmen. Nett von ihm, denn jetzt können wir uns einen Besuch in der Kirche leisten.

In der Kiosk-Kette Narvesen gibt es alles... auch SIM-KartenIn der Kiosk-Kette Narvesen gibt es alles... auch SIM-Karten

Die moderne Eismeerkathedrale ist das eigentliche Highlight von Tromsø und von überall sichtbar. Diese Kirche liegt nicht auf der Insel, sondern auf dem Festland, erreichbar über eine Brücke oder durch einen Tunnel unter dem Meer durch. Die Besichtigung der Kirche kostete… nein, das schreibe ich jetzt nicht, darüber haben wir uns hier schon ausgelassen: >Tromsø-Eismeerkathedrale<.

Wir übernachten auf einem schlammigen Plätzchen am Flughafen. Jede Menge Flugzeuge düsen über unsere Köpfe hinweg. Moment… wurde der Flugverkehr durch Corona nicht lahm gelegt? Wir schauen mal genauer nach. Das Terminal sieht leer aus, doch davor warten viele Menschen im Regen. Ohne gültiges Abflugticket ist der Zutritt zum Terminal verwehrt.

Tromsø fanden wir nicht besonders schön. Allerdings ist Tromsø sehr schön gelegen. Das sieht man auch auf allen Reiseprospekten und auf Bildern im Internet. Von Tromsø gibt es fast nur Luftaufnahmen oder Aufnahmen von einer Seilbahnstation aus. Kein Wunder.

Auf der Weiterfahrt nach Mortenhals passieren wir die erste Mautstelle der ganzen Fahrt. An einem Tunnel unterm Meer durch. Die Mautstelle besteht nur aus einer Kamera, die unser Nummernschild fotografiert. Die Rechnung wird uns in paar Monaten präsentiert. Bis dahin haben wir keine Ahnung, was das kostet.

In Mortenhals übernachten wir vor einer Kirche und kommen auch prompt mit der Organistin ins Gespräch. Christine Rothfuchs, eine Deutsche, die in Frankfurt Musik studiert hat. Sie lebt jetzt hier in einem Haus nebenan mit einem Grasdach. Wir berichteten bereits >hier< darüber.

Wir würden uns übrigens gerne mal Duschen.

Christine Rothfuchs zeigt uns ihr Haus und die Funktion eines Grasdaches. Christine Rothfuchs zeigt uns ihr Haus und die Funktion eines Grasdaches.

 

Senja - Narvik - Lodingen

Senja wird uns empfohlen. Senja. Auch das ist eine Insel. Eine große Insel mit vielen Fjorden. Also fahren wir nach Senja. Der Ort Finnsnes ist das Tor zu dieser Insel. Zufahrt über eine Brücke.

Endlich ist das Wetter schön. Einigermaßen jedenfalls. Man stelle sich das mal vor. Den ganzen Tag ohne Regen. Wir fahren von Fjord zu Fjord. Von Fischerdorf zu Fischerdorf. Durch unzählige Tunnel. Also das können die Norweger – Tunnel bauen. Die Schweiz rühmt sich des Gotthard-Tunnels. Darüber lachen die Norweger. Die Schweizer sollten mal nach Norwegen fahren…!

Fjord an Fjord - Ort an Ort mit bunten Häusern - eins schöner als das nächste... Fjord an Fjord - Ort an Ort mit bunten Häusern - eins schöner als das nächste...

Wir genießen diese Fahrt in vollen Zügen. Wir erklimmen einen Pass und durchfahren dort oben einen weiteren Tunnel. Vor uns im Meer liegt eine idyllische Insel. Husøy. Malerisch. Ich komme ins Schwärmen. Und weiter. Das Fischerdörfchen Fjordgård erreicht man nur durch einen einspurigen unbeleuchteten Tunnel. Uiuiui, wenn da einer entgegen kommt. Es kommt einer entgegen. Zum Glück gibt es immer wieder Ausbuchtungen. Wenn man Pech hat, muss ein ganzer Pulk Autos eben rückwärts in solch eine Ausbuchtung fahren. Bei uns klappt es problemlos. Meist sieht man die Scheinwerfer eines entgegenkommenden Fahrzeugs rechtzeitig. Was für eine Tunnelei.
Ich verliebe mich in die vielen bunten Häuschen mit Grasdächern. Manchmal sieht es unwirklich aus, wie in einem Märchenland.

Wir übernachten in Mefjordvær auf einer großen Grasfläche. Zusammen mit mehreren anderen Wohnmobilen. Nachts regnet es mal wieder. Endlich. Haben wir schon vermisst. Alles steht >unter Wasser<. Das einzige Fahrzeug über Wasser ist unseres. Glück gehabt. Doch glücklicherweise entpuppt sich auch der folgende Tag als angenehmer Reisetag.

Nach einem Abstecher nach Kråkeslottet landen wir in oder auf >Hamn i Senja<. Wirklich hübsch. Ich kann mich kaum satt sehen. Zum Fotografieren ist das Wetter nicht besonders geeignet, es ist sehr schattig. Aber egal, wir genießen. In Gryllefjord überlegen wir, ob wir mit der Fähre nach Andøya bzw. zu den Lofoten übersetzen sollen. Auf der Straße wären es 300-400 Kilometer Umweg. Wir nehmen den Umweg und schauen uns noch Torsken an. Über eine Passstraße zu erreichen. Ein Ferienort am Wasser. An jeder Straßenecke werden Ferienwohnungen angeboten. Aha, hier verbringen die Einheimischen also ihren Urlaub.

Hamn i Senja - eine Perle in Nordnorwegen Hamn i Senja - eine Perle in Nord-Norwegen

Ein Eldorado für Angelurlauber Ein Eldorado für Angelurlauber

Wir übernachten bei Grunnfarnes neben >Trockengestellen< für Fische. Empfohlen von den Grubes. Ein sehr schönes Plätzchen, danke Christel und Michael. Am Horizont sehen wir Andøya, gute 30 Kilometer entfernt. In ein paar Tagen werden wir dort aufschlagen.

Wir würden uns gerne mal duschen. Schade, dass die Stockfischdarren leer sind. Sie würden den Duft, den wir zurzeit ausstrahlen sicher überstinken. Eigentlich haben wir ja eine Außendusche. Aber für uns Weicheier ist das Wetter einfach zu kalt. Da sind wir eben nix gewohnt. Für uns Wüstenfüchse sind 50°C in der Sahara einfach heimischer. Wir sind eben keine Lappen… nur Waschlappen, und die müssen jetzt halt mal eine Weile herhalten.

Was kochen wir eigentlich so unterwegs? Wir haben sogar einen Backofen dabei. Einen >Omnia<. Darin kann man Brot backen, Aufläufe machen, Kuchen… alles, was man zuhause auch so im Backofen macht. Zurzeit essen wir aber eher nordisch: Köttbullar, Labskaus und Lachs. Lachs, was das Zeug hält. Im Rema gibt es momentan zwei Packungen Lachs für den Preis von einer Packung.

Nun fahren wir den langen langen Umweg zurück über Finnsnes, Bardufoss und Narvik zu den Lofoten. In Bardufoss wollen wir uns eine Lachstreppe anschauen. Doch die Saison ist bereits vorbei und alles ist verlassen und geschlossen. Auch ein nachgestelltes und auffällig schönes Samendorf ist schon zu. Schade. Wir können trotzdem durch das Dorf mit den wunderschönen grasbewachsenen Häusern laufen und alles bestaunen. Bardu Bygdetun.

Das Museumsdorf Bardu Bygdetun Das Museumsdorf Bardu Bygdetun

 Hütten und Häuser mit Grasdächern gibt es nicht nur in der Antike, sondern sind brandaktuell Hütten und Häuser mit Grasdächern gibt es nicht nur in der Antike, sondern sind brandaktuell

Den Ort Narvik kennt man. Aus der Schule als Weltkriegshafen. Wir erwarten eine moderne große Stadt, da sie schon seit 1000 Kilometer überall ausgeschildert ist. Präsentiert bekommen wir eine strunz langweilige Stadt mit einem grausig vergammelten Flughafen. Schnell wieder weg von hier. War teuer. Die Brücke, über die man Narvik erreicht, freut sich über 18 Euro Mautgebühr.

Unser Treffen mit Christel und Michael Grube klappt. Ihre Reiseroute führt der unseren entgegen und wir treffen uns in Lodingen. Ab hier befinden wir uns auf dem Inselreich der Lofoten und Andøya. Es ist feucht und wir verdrücken uns in ein Café bzw. ins Hotel Brück. Die Grubes sind etwas abgehärteter, als wir, eher keine Wüstenfüchse. Für die beiden ist das alles ganz normal hier. Hochsommerlich. Ja, stimmt, es ist ja noch Hochsommer. Hatten wir bereits vergessen.
Das ist aber schon fast das einzige, was uns unterscheidet. Es war wirklich schön. Die beiden hier zu treffen. Wir berichteten bereits >hier< darüber.

 

Andøya

Wir fahren nach Andøya, bis an die Nordspitze der Insel, nach Andenes. Im Nieselregen. Auf dem Atlas sieht es so aus, als gehöre Andøya bereits zu den Lofoten. Gehört aber nicht. Darauf legt man großen Wert.
Auf halbem Wege, in Sortland, inhalieren wir uns Milkshakes für 10 Euro. Ein Oreo-Shake für mich. In einem Burger King. Der erste übrigens, den wir in Norwegen sehen. Ein McDonalds ist uns bisher noch nirgends über den Weg gelaufen. Die Strohhalme sind aus Pappe und lösen sich auf. Da erkennen wir noch Entwicklungspotential.

In Andenes regnet es wieder. Die Nacht wird kalt. Wir packen unsere Winterdecken aus, und das im August. Wir übernachten auf einer Wiese und schauen aufs Meer. Ein paar Raketen stören unsere Sicht. Raketen? Wieso befinden sich hier Raketen? Egal… Ein Backenzahn macht sich seit dem Oreo-Shake bemerkbar. Der wird doch nicht...? Dieser Shake war ja auch schon fast widerlich süß. Naja, wird schon wieder, schrubben wir die Zähne ab heute eben doppelt.

Morgens scheint die Sonne durch unsere Fenster. Wie schön. Nein, nicht so schön. Ich habe Zahnschmerzen. Mit Aussicht auf Raketen. Irgendwie passt das alles nicht zusammen. Ganz vorsichtig erwähne ich das beim Frühstück. Der Zausel schaut mich etwas unwirsch an.
Im Internet erfahren wir, wo wir hier eigentlich übernachtet haben. Direkt vor einem Space Center mit einer betriebenen Raketen-Startrampe. Ach… hier starten tatsächlich Raketen. Direkt vor uns. Nein, heute nicht, aber man kann das Center besuchen.
Das schauen wir uns an, inklusive zwei Filme über Raketentechnik und über Nordlichter. Kann man >hier< nachlesen.

Hier gibt es tatsächlich ein Raumfahrt-Zentrum mit Raketen-Abschussrampen Hier gibt es tatsächlich ein Raumfahrt-Zentrum mit Raketen-Abschussrampen

Die Fahrt zurück und in Richtung der Lofoten ist gigantisch. Es geht an einer Felsenküste entlang. Traumhaft. Mein rechter Backenzahn ist da anderer Meinung. Zurück in Sortland werde ich bei einem Zahnarzt vorstellig. Wahrscheinlich muss der Zahn gezogen werden. Einen Termin könnte ich in einer Woche bekommen. Die EU-Krankenkassenkarte akzeptieren sie nicht. Niemand würde sie in Norwegen akzeptieren. Man bezahlt sofort per Kreditkarte. Der Anmeldebereich sieht eher aus wie ein Kassenhäuschen. Schnell wieder raus hier und ab zur Zahnklinik. Doch da kommt man noch nicht einmal zum Kassenhäuschen der Anmeldung vor. Das geht nur telefonisch. Wegen Corona. Ich gebe auf und fahre zur Apotheke. Antiseptikum und Isoprofen müssen helfen.

Tiefhängende Wolken auf den Lofoten - so sieht in Norwegen schönes Wetter aus Tiefhängende Wolken auf den Lofoten - so sieht in Norwegen schönes Wetter aus

Als der Zausel bei der Weiterfahrt auf die Lofoten so beiläufig erwähnt, er hätte auch Zahnschmerzen, erinnere ich mich an seinen unwirschen Blick heute Morgen…

 

Lofoten

Wir fahren nach Svolvær, der größten Stadt der Lofoten und machen einen Abstecher nach Henningsvær. Im Sonnenschein. Was haben wir heute Glück, ausgerechnet auf den Lofoten, der schönsten Gegend Norwegens. Dies ist der sonnigste Tag seit der Einreise nach Norwegen. Glück? Zausel schaut mich etwas verbittert an. Meine Zahnschmerzen lassen durch das Antiseptikum in dem Maße nach, wie sie bei Zausel zunehmen. Wir erwägen einen Rücksturz zur Erde… also die Heimfahrt.

Egal, nun versuchen wir, Henningsvær zu genießen. Mich erinnert dieses Fischerdorf an Honfleur in Frankreich. Oder Klein Venedig. Ein unglaublich verspielter und bunter Ort. Wie im Märchenland. Wunderschön auf der felsigen Insellandschaft gelegen. Malerisch. Hier kommen also all die tollen Bilder der Norwegen-Kalender her. Uns fallen fast die Augen aus… hoffentlich nicht auch die Zähne.

Henningsvær - ein Ort im Märchenland Henningsvær - ein Ort im Märchenland

Genau… die Zähne. Wir entscheiden uns für die Heimfahrt. Wir fahren bis ans Ende der Lofoten. Auf einem Parkplatz bei Moskenes endet die Straße. Am Fährhafen warten bereits etliche Fahrzeuge. Kein Mensch weiß, was die Überfahrt kosten wird. Die Aussagen schwanken zwischen 35 und 600 Euro. Im Internet findet man nur Hinweise auf Corona. Einen Fahrplan gibt es nicht. Ein Office auch nicht. Angeblich soll in zwei Stunden eine Fähre ablegen. Lassen wir uns überraschen. Ein Ehepaar aus Österreich meint, vor ein paar Wochen hätten sie mit ihrem Allrad-Fahrzeug noch 140 Euro bezahlt.

Typische Felsenlandschaft auf den Lofoten - ein Paradies für Trolle Typische Felsenlandschaft auf den Lofoten - ein Paradies für Trolle

Wir essen etwas auf der Straße. Falls man das essen nennen kann. Wir zerdrücken weiches Toastbrot mit unseren ruinösen Zähnen. Und tatsächlich, am Horizont taucht eine Fähre auf. Nach zwei Stunden. Wir dürfen alle mit. Unsere Kennzeichen werden abgelichtet… von Hand, für die Rechnung, die in einigen Monaten eintrudeln wird. Was es kosten wird, wissen wir immer noch nicht. Das scheint auch jedem hier egal zu sein.

2-½ Stunden soll die Überfahrt dauern. Sie dauert 3-½ Stunden. Während der Überfahrt suche ich für uns im Internet einen Übernachtungsplatz. Kurz nach Mitternacht legen wir in Bodø an und fahren im Konvoi zu unserem in 15 Kilometer entfernten Schlafplatz. Ja, richtig, im Konvoi. Offensichtlich haben sich alle Fahrzeuge für diesen Platz entschieden. Unfassbar. Aber egal… geschafft.

Wie war das eigentlich noch mit den Duschen???

Moskenes - ganz im Süden der Lofoten Moskenes - ganz im Süden der Lofoten

 

Bodø - Heimfahrt

Schon wieder Schmuddelwetter. In knapp 6 Tagen, am Montag, haben wir einen Termin bei unserem heimischen Zahnarzt bekommen. Sollten wir locker schaffen. Aufgrund Corona planen wir, auf Fähren über die Ostsee zu verzichten. Knapp 3000 Kilometer zu fahren. Hoffentlich werden wir nicht irgendwo in eine Quarantäne gesteckt.
Auf dem letzten Übernachtungsplatz riet uns ein Deutscher aus Friedberg, der hier seine Tochter besuchte, die Küstenstraße zu nehmen. Es soll eine der schönsten Strecken des Landes sein. Gut, das sollte in den 6 Tagen noch drin sein.

In Bodø kaufen wir essbaren Stoff, den zahnlose hundertjährige Greise gerade noch so essen können. Hauptsächlich Pudding und Joghurt. Also solchen „Kann-Kaum-Kaun-Fraß“.

Bei Saltstraumen überqueren wir den mächtigsten Tiden- bzw. Gezeitenstrom der Welt. In Australien nennt man so etwas einen Horizontal Waterfall. Viel zu sehen gibt es da nicht. Sieht halt aus, wie ein Fluss, der alle 6 oder 12 Stunden seine Richtung ändert.
Die Fahrt ist trotz tiefen hängenden Wolken sehr schön. Wir fahren durch etliche mautpflichtige Tunnel. Zweimal müssen wir eine Fähre nehmen. Wir kommen sehr langsam voran. Zu langsam. So langsam, dass wir die Küstenfahrt irgendwann abbrechen. Trotzdem ergattern wir für eine Nacht noch einen wunderschönen Übernachtungsplatz mit toller Sicht über ein Fjord und einem Gute-Nacht Kuss eines bunten Sonnenuntergangs.

Das Schicksal tröstet uns mit einem schönen Sonnenuntergang auf unserem Übernachtungsplatz Das Schicksal tröstet uns mit einem schönen Sonnenuntergang auf unserem Übernachtungsplatz

Die Zahnsituation bessert sich. Ibuprofen und Antiseptikum scheinen zu helfen. Wir fahren trotzdem nachhause. Die Mautstellen häufen sich. Uns wird schwummerig, wenn wir an die Rechnungen denken, die uns in einigen Monaten erreichen werden. Trondheim und Oslo zischen rechts an unseren Fenstern vorbei. Die Tesla-Dichte erhöht sich. Es wird immer wärmer. Wir nähern uns dem sonnigen Süden.

Kurz vor der Grenze nach Schweden befüllen wir unsere Tanks bis zum Stehkragen und fahren in einem Rutsch durch bis nach Hamburg. Der Grund? Ein Nachweis für Dänemark, dass wir ohne anzuhalten durch Schweden gefahren sind und auch so durch Dänemark fahren werden. Göteborg zieht an uns vorbei, und auch Malmö. Wir fahren über diese gigantische Brücke über die Ostsee nach Seeland, also nach Dänemark. An der Grenze finden nur Corona-Stichproben statt, wir werden durchgewunken. Unserer Bedenken waren also überflüssig.

An der Grenze von Dänemark nach Deutschland sehen wir lange Staus auf der Gegenrichtung. Deutschland wurde inzwischen als Risikogebiet eingestuft. Was, und da wollen wir hin???

In Deutschland stehen wir insgesamt 4 Stunden lang im Stau. Rückreiseverkehr. Die Schulferien enden. Das wussten wir nicht. Wir sind davon ausgegangen, aufgrund Corona wären die Straßen leer. Sie waren gerammelt voll!

Mein Backenzahn hat sich inzwischen wieder beruhigt. Dem Zausel wird ein Zahn gezogen.

Wir informieren uns im Internet, was eine "Dusche" ist...

 

Corona

Den Umgang mit dem Mundschutz nimmt man in Finnland noch um einiges gelassener als im Baltikum. Hier in Nord-Norwegen bekommen wir den Eindruck, es gibt gar kein Corona. Doch eines gibt es auch hier und wird kosequent genutzt: Desinfektionsmittel.
Auch in Norwegen bestehen für Touristen aus Deutschland keine Einreisebeschränkungen. An der Finnisch-Norwegische Grenze fanden keinerlei Kontrollen statt. Die Grenzübergänge waren unbesetzt.


Idylle am Übernachtungsplatz bei Grunnfarnes Idylle am Übernachtungsplatz bei Grunnfarnes


DATEN UND FAKTEN ÜBER NORWEGEN: (ist noch in Arbeit)

 

Authors

Julie

Julie

Hinweis
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Der Trackspatz guckt immer erst mal drauf, ob's sich nicht schon wieder um Werbe-Spam handelt

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Julie
Missing Piece...
Inzwischen besteht mein Körper auch um einen Teil weniger: der Backenzahn hat sich erneut entzündet und musste raus. Nun kommt ein Implantat rein...
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